Der langsame Engel



„Wenn’ s schnell gehen soll musst‘ Du erst recht langsam tun“. Eine prima Lebensweisheit. Gerade dann langsam tun, wenn‘s schnell gehen soll. Das ist deshalb so weise, weil Hektik oft zu Fehlern oder zu Schludrigkeiten führt. Hektik und Zeitdruck führen aber auch zu Stress. Und das führt irgendwann dazu, dass die Arbeit keine Freude mehr macht. Weil man, wenn etwas schnell gehen muss, das, was man tut gar nicht mehr richtig spüren kann. Und dieses Spüren fehlt so oft in unserem Alltag. Darum schicke ich Euch heute einen Engel vorbei. Er ist beschrieben vom Liedermacher Gerhard Schöne und heißt so:

Der langsame Engel

Stoppuhren kann er nicht leiden
Flugzeuge würde er meiden
Rennfahrer tun ihm nur leid.

Leuten, die andere scheuchen
drängeln und hetzen und keuchen
schenkt er gern seine Zeit.

Er nimmt sich Zeit den Schiffen zu winken
Zeit, mit dem Strohhalm zu trinken
Zeit für den stotternden Mann.

Er nimmt sich Zeit für Wunder im Garten
Zeit um genüsslich zu warten
auf die verspätete Bahn…

Nichts hasst er so, wie Gedrängel!
Er ist der langsamste Engel.
Trotzdem kann er viel erzählen.

Er, der Beschützer der Schnecken
möchte die Eiligen necken
und ihre Uhrn und ihre Uhrn und ihre Uhrn verstelln.

Träumern und Bummlern und Lahmen
sagt er sein: Ja! Und sein: Amen!
Er streichelt den, der verweilt.

Trödelnde Kinder entdecken
Schätze an fast allen Ecken.
Nichts findet der, nichts findet der
nichts findet, der sich beeilt.

Er nimmt sich Zeit, die Zeit zu verschwenden
er liebt die lahmen Enten
und jeden Schnellzug,  der steht.

Er nimmt sich Zeit von der Brücke zu spucken
und lang noch hinterher zu gucken
wohin die Reise wohl geht.

Er nimmt sich Zeit für die Wunder im Garten,
Zeit, um genüsslich zu warten
auf die verspätete Bahn…

Caminofeeling ...


»Manchmal geht das Leben dahin, wo ich will. Und manchmal gehe ich eben dahin, wohin das Leben will.«

… und gestern bin ich nach Degerloch gegangen … Okay, gefahren :-) … habe in der Begegnungsstätte der Helene-Pfleiderer-Stiftung bzw. des Frauenkreis Degerloch einen Lesung-Vortrag gehalten. Das Ganze mit eine angeregten Diskussion zu den verschiedenen Themen meines Buches: natürlich Jakobsweg, alleine und solange unterwegs sein, was ich für mein Leben daraus gelernt habe und auch das Thema Sucht haben wir nicht ausgespart. - Ein wirklich toller Nachmittag und die Zeit verging mal wieder rasend schnell.

Die Menschen ein Stück weit mit auf meinen Camino nehmen … wenn ich davon erzähle oder Passagen aus meinem Buch vorlese, ist es jedes Mal als ginge ich den Weg noch einmal. Und immer wieder gibt es die Momente, die schon auf dem Weg selbst berührend waren, die mich immer noch bewegen. Das gilt natürlich auch, wenn ich meine Fotos anschaue. Ist es nicht schön, dass man einen Teil der Erinnerungen so konservieren kann?

Nun, ich habe noch eine Woche, dann heißt es auch für mich wieder, Wanderschuhe an und los.

Denen die gerade schon auf ihrem Weg sind wünsche ich Bon Courage und allen anderen ein wundervolles Wochenende!

PS: den kleinen Film habe ich für den Vortrag gestern zusammengestellt … ein bisschen vom Camino träumen … (gibt es auch auf YouTube in besserer Auflösung: HIER)


Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Mami; sie ist bei fast jeder meiner Lesungen dabei und unterstützt mich seelisch und moralisch ...

Endlich ich ...



Endlich ich

habe mal wieder
den Kopf in den Wolken
Realität scheint meilenweit, fernab
will nicht sehen
will nicht verstehen
was der Alltag mir zu sagen hat

gehe in Gedanken
auf eine Pilgerreise
Sonne, Wege und dann das Meer
will nicht hier sein
will bei mir sein
den Alltag ertragen ist manchmal schwer

sehe mich schon
am Ende der Welt
der graue Himmel beflügelt mich
will danach streben
einfach zu leben
Egoismus pur, endlich ich! (wb)

Les Landes ...



Les Landes … oder einfach nur Landes … auf der Via Lemovincesis durchquert man in Südfrankreich dieses Gebiet (zwischen Captieux und Beyries). 

Der Name ‚Les Landes‘ kommt aus dem keltischen und bedeutet Heideland. Sandiger Boden, Heidekraut bzw. heideähnliches Gestrüpp und Pinien bestimmen den größten Teil des Landschaftsbildes. Die Kiefer- beziehungsweise Pinienwälder sind künstlich angelegt worden und heute gehört dieser Wald zur größten zusammenhängenden Waldfläche Europas. Als ich dort lief, glaubte ich das sofort, denn die Wege schienen nicht mehr zu enden. Angeblich war dies früher eine der schwierigsten Passagen der Via Lemovicensis. Gottverlassen und ungastlich, ohne Ansiedlungen oder Trinkwasserquellen, nur Stechmücken und Treibsand. Im Prinzip mag ich diese Art Landschaft sehr gerne, aber hier treiben wohl noch zu viele der unruhigen Seelen der gestrandeten Pilger aus früheren Jahrhunderten ihr Unwesen. Es war einer der Tage auf meinem Pilgerweg, an denen man am Abend denkt: »Ich will im Moment vom Laufen absolut nichts mehr wissen … « - Auch wenn ich tief in mir drin natürlich wusste, ich würde es am nächsten Tag trotzdem tun …