Wenn man in einem Mietshaus lebt, kann man allerlei
erleben, zum Beispiel ein nettes Gespräch im Treppenhaus; ein freundlicher
Nachbar, der einem, wenn man mit Einkäufen, Hund und Getränkekisten beladen vor
der Haustür steht, eben diesen aufhält, ein extra großes Stück Kuchen beim
Bäcker (weil die Nachbarin dort arbeitet) usw. Natürlich auch volle Papiermülltonnen
in der ganze – nicht zusammen gefaltete – Kartons stecken, fröhliche Death
Metal Musik mitten in der Nacht oder höchst aufschlussreiche Streitgespräche
der Mieter aus der unteren Wohnung (vorzugsweise auch am späten Abend). Das
Leben wird in einem Mietshaus nicht langweilig und ist somit gar nicht so
schlecht.
Doch es gibt Dinge, die dem Wunsch nach einem Eigenheim
fernab von jeglichen Menschen, einen gewissen Nachdruck verleihen … so erlebt:
Nach einem langen Bürotag komme ich am späten Nachmittag
nach Hause. Routinemäßig ist der zweite Gang – nachdem ich mich meiner Tasche
und der Schuhe entledigt habe – der zum Kühlschrank um für Clyde sein
Abendessen herzurichten. Als ich – noch ganz im Alltagstrott gefangen –
schwungvoll die Kühlschranktür öffne, fällt mir als erstes auf, das etwas
fehlt. Mein müdes Gehirn braucht ein, zwei Sekunden, bevor ich realisiere, es
ist das Licht. Hm. Der erste panikartige Gedanke ist: der Kühlschrank ist
kaputt. Doch vorsichtshalber werfe ich einen Blick hinüber zum Herd, an dessen
Frontseite eine digitale Uhr ist. Normalerweise. Also, ja, die Uhr ist noch da,
aber dunkel. Aha. Also, es gibt keinen Strom. Ein kurzes An- und Ausknipsen des
Lichtschalters bestätigt die Vermutung. Naja, den Tag über hatte es heftige
Gewitter gegeben und in einem alten Haus wie diesem, kann das schon mal dazu
führen, dass der Strom ausfällt.
Was tun? Zunächst gehe ich zum Sicherungskasten und
prüfe, ob auch alles Sicherungen auf ‚on‘ sind. Sie sind. Das ist schon mal
gut. Dann dämmert es mir (also im Kopf, nicht in der Wohnung), dass im Hausflur
vorhin das Licht funktionierte. Seltsam. Aber, wie gesagt, altes Haus, da weiß
man nicht so genau, wie die Stromkreise verlaufen.
Also steige ich die Treppe eine Etage runter und frage
die Dame, die unter mir wohnt, ob sie Strom hat. Sie hat. Somit liegt es nicht am
Haus selbst, sondern – das liegt jetzt auf der Hand – nur bei mir in der
Wohnung gibt es keinen Strom.
Ich bin kein Hellseher, aber ein erster Verdacht keimt in
mir auf. Doch noch wage ich ihn nicht so ganz zu denken. Sicher ist, ich
bezahle meine Stromrechnung immer pünktlich per Abbuchung von meinem Konto. Und
als ich heute Morgen den Kontostand überprüft habe, war auch noch ein bisschen
Guthaben darauf.
Mein nächster Weg führt mich also die Treppe noch weiter
runter, bis zum Eingangsbereich, wo unsere Stromzähler hängen. Fein säuberlich
beschriftet – mit Name und Wohnungszuordnung - hängen sie da. Ich schaue ein
bisschen hin und her und entdecke den für meine Wohnung. Soweit so gut. Doch
als mein Blick weiterwandert, fällt mir ein gelber Zettel ins Auge. Dieser
hängt an einem der FTI-Schalter (mit Verplombung) und ist vom Netzbetreiber. Höflich
formuliert steht dort, dass der Stromanschluss vorübergehend gesperrt wurde und
man sich an den Netzanbieter wenden solle.
Mein vorhin angedachter Verdacht erhärtet sich, aber noch
habe ich keinen Beweis.
Also, ich die drei Stockwerke wieder rauf in die Wohnung
um den Stromanbieter zu kontaktieren. Schon geht der Griff zum Telefon, als ich
feststelle, dass eben dieses ja gar nicht funktioniert. Fluch der Technik, mein
Hausanschluss hängt an meinem Internetzugang, der aber ohne Router sozusagen
nicht existent ist. Und selbiger braucht Strom. Super.
Aber – Segen der Technik – ich habe ja noch ein Handy. Wo
ist das verdammte Ding? Ich finde es und stelle fest, der Akku hat nur noch 40
%. Na super, aber wird schon reichen, um ein Telefonat zu führen.
1. Telefonat mit der ENBW: vorsichtshalber habe ich
gleich meine Vertragsunterlagen rausgekramt und erkläre nun der Dame am anderen
Ende, dass hier wohl ein Versehen vorliegt, da man mir den Strom abgeklemmt hat
und ich doch immer bezahle. Und – so war mein Anfangsverdacht – dass wahrscheinlich
der Strom von der Wohnung neben mir abgestellt werden sollte. Die Dame am
anderen Ende sagt: da sind wir nicht zuständig, da müssen sie den Netzbetreiber
kontaktieren. Nach einer ‚freundlichen‘ Nachfrage meinerseits rückt sie dann
auch mit der Nummer raus.
1. Anruf bei Netze BW (Netzbetreiber): ein junger Mann –
zumindest der Stimme nach – vermittelt mir ganz klar, dass eine Frau mit
Elektrik wohl eher, na sagen wir es höflich, nicht auf Du und Du ist und ich
doch bitte erst mal alle Sicherungen prüfen soll. Habe ich schon, aber danke
für den Hinweis! Dann schaut er in seinen Computer und meint, nein, ihr Zähler
ist nicht gesperrt. Da müssen sie sich doch an die ENBW wenden.
Zwischenbemerkung: der geneigte Leser kann sich sicher
vorstellen, dass mein Stresslevel inzwischen schon merklich erhöht ist.
2. Anruf bei der ENBW, kurz gefasst: sie können da gar
nichts tun und ich solle dem Hausmeister Bescheid geben oder beim Netzbetreiber
anrufen. Argh.
Statt des Hausmeisters – den wir nicht haben - rufe ich
bei meinem Vermieter an. Der jetzt irgendwie auch nicht wirklich etwas tun
kann, aber mit dessen Hilfe ich – wieder die drei Stockwerke runter – vor dem
Zählerkasten stehend nochmal bestätigt finde, was ich vermute. Es wurde aus
Versehen mein Zähler (DG rechts) anstatt des Zählers meines @*#1&% Nachbarn
abgeklemmt.
2. Anruf beim Netzbetreiber. Nun habe ich eine nette Dame
am Telefon. Nachdem ich ihr meinen Fall geschildert habe, erklärt sie sich
bereit – nicht ganz den Regeln entsprechend – zu prüfen ob den der Zähler des Nachbarn
auf ihrer ‚Abschussliste‘ steht. Er steht. Also, ganz klar, ein Fehler des Menschen,
der kam und nicht sah. Sie ist wirklich nett und gibt mir dann – nachdem ich die
drei Stockwerke wieder rauf in die Wohnung bin, da ich Zettel und Stift benötige,
die Rufnummer des Anschlussbetreibers. Und wünscht mir viel Glück. Danke.
Der Anruf beim Anschlussbetreiber verläuft ins Nichts, da
der gute Mann schon Feierabend hat (es ist inzwischen 17.30 Uhr).
Ein Blick auf mein Handy lässt mir die Schweißperlen auf
die Stirn treten – noch 20 % Akku. Okay, laden. Aber das geht ja gar nicht so
einfach, wenn kein Strom aus der Steckdose kommt. Seufz, ich also wieder drei
Treppen runter und in mein Auto, um dann – nach Anschließen den Handys - mit
laufendem Motor zu telefonieren.
3. Anruf beim Netze BW. Da ich jedes Mal einen anderen Menschen
am Telefon habe, wiederhole ich nun schon fast routiniert in Kurzfassung meine
Geschichte. Der Herr am anderen Ende meint gedehnt: Okaaaayyy. Aber da kann ich
… an dieser Stelle unterbreche ich den Mann etwas ungehalten und erkläre ihm es
ist mir egal, was er kann oder nicht, ich will Strom! *lufthol *
Dennoch lasse ich ihn dann ausreden, als er mir erklärt,
das die ENBW nun erstmal einen Auftrag geben müsse, zur Freigabe meines
Zählers. Ansonsten könne er nix tun. Meinen Einwand, dass ja mein Zähler gar
nicht der ist, der gesperrt werden sollte, weist er mit der Begründung ab: so
sind nun mal die Vorschriften. *Fluch * …
Ich denke mal, es ist durchaus nachvollziehbar, dass mein
Stresspegel inzwischen den Höchststand überschritten hat und eine Überflutung
mit entsprechenden Hormonen mein sonst eher sanftmütiges Wesen zum Kochen
bringt ….
3. Anruf bei ENBW: »bla bla bla, falscher Zähler, bla bla
bla, die sagen sie, sie sagen die – tun Sie jetzt bitte etwas!« Wieder mal ein
netter Herr mit wirklich toller – fast sexy - Stimme, die mich gleich ein wenig
versöhnt ist sehr bemüht, mir nun zu helfen. Allerdings endet sein Versuch, die
Auftragsabteilung – die für die Erteilung des Freigabeauftrages zuständig ist -
zu kontaktieren auf deren Anrufbeantworter, da die Kollegen schon im
wohlverdienten Feierabend sind. »Aber ich vermerke das mit Computer!«
versichert er mit und schickt ein »Sie sollten aber vorsichtshalber morgen früh
nochmal anrufen…« hinterher. Super! Das heißt also, dass ich für heute keinen Strom
habe? »Nein, tut mir leid.« und zögert fügt er an »Naja und wenn der Auftrag
erteilt ist kann es dann auch schon bis zu zwei Werktagen dauern, bis das
geregelt ist.« Wie bitte? … Nun, dieser Mensch kann nix dafür, also verabschiede
ich mich und gehe wieder in die Wohnung rauf.
Okay, Wiebke, tief durchatmen – ooohhhmmm – und überlegen,
was zu tun ist. Erstmal den Gefrier- und Kühlschrank leeren und den Inhalt zu
den Eltern zur Verwahrung bringen. Kein Problem. Und ich hatte doch noch
irgendwo eine Taschenlampe. Und ein batteriebetriebenes Leselicht. Und
Batterien. Gut.
Naja und die Klamotten und Sonstiges, das ich für morgen
bei der Arbeit brauche lege ich mir jetzt schon mal raus, bereite mein
Mittagslunch vor. Und ganz dunkel wird es in meiner Wohnung eh nie, da von
außen das Licht der Straßenlaternen hereinscheint. Heute ist ja eh Montag und
Gruppe, daher bin ich auch am Abend nicht zuhause. Kriege ich irgendwie alles
hin und fange an, es einfach als ein kleines Abenteuer zu sehen…
… und dann fällt es mir ein, was schon die ganze Zeit über
irgendwie in der Luft und meinem Unterbewusstsein hing und diese ganze
Situation zur Katastrophe ausarten lassen könnte: ohne Strom funktioniert die Kaffeemaschine
nicht!
Und wie ging es weiter? Nun, ich habe die Nacht im
Dunkeln überstanden (beim Schlafen brauche ich auch eher weniger Licht) und den
Morgen auch. Schon am Abend war mir eingefallen, dass mein Wasser nicht über
Strom, sondern über Gas läuft. Das heißt ich habe heißes Wasser. Und eben
dieses nutze ich um mir morgens einen trinkbaren Nescafé zu machen.
Später im Büro rufe ich nochmal bei der ENBW an. Sehr
nette – wahrscheinlich ausgeschlafenen Menschen – am anderen Ende, die wirklich
bemüht sind. Es stellt sich heraus, dass es gut ist, dass ich anrufe, da der ‚Auftrag‘
natürlich irgendwo untergegangen ist. Aber nun wird alles angestoßen. Etwas
später ruft mich eine Dame zurück und bestätigt dies. Und meinte, mit etwas
Glück, könnte mir bis zum Abend wieder ein Licht aufgehen …es bleibt spannend ...
Und die Moral aus der Geschichte:
1. nur, weil man immer pünktlich seine Stromrechnung
bezahlt, heißt das nicht, dass man auch immer Strom hat.
2. es ist sehr erschreckend, wie abhängig wir von diesem
unsichtbaren Element, Strom, schon sind
Und 3. Ich habe ein echtes Kaffeeproblem … also ohne
welchen … :-)
In diesem Sinne »Für mich einen Kaffee und ein Taxi ans
Meer bitte!«
As
always
Thank you
for your time
Wiebke
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