Bewegende Momente ...


Am letzten Samstag durfte ich mal wieder ein Seminar der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe in der Geschäftsstelle in Laichingen besuchen. Hier ein kleiner Bericht darüber ... 

Man kann alles kaufen außer Eltern. (aus Asien) 

Arbeitstag „Herkunftsfamilie“
  
Bewegende Momente …

… und bewegt hat sich viel an diesem Tag. Okay, wir Teilnehmer nicht, wir saßen die meiste Zeit, aber unberührt lässt es keinen und so ein Tag bringt häufig Bewegung in festgefahrene Prozesse. Doch, wo anfangen mit dem Bericht?
 
Nun, wie immer wurden wir in der Geschäftsstelle in Laichingen herzlich empfangen an diesem Samstagmorgen. Selbstverständlich mit Brezel und Kaffee und vielen »Hallo, Du auch hier«. Aber das gehört auch irgendwie dazu. Es gibt viele davon, denn der Raum ist voll. Das Thema interessiert. 

Die Therapeutin Andrea Sorg begleitete uns durch den heutigen Arbeitstag und begann ihn gleich einmal mit einer spannenden Frage, die wir in der ersten Vorstellungsrunde beantworten sollten: »Was haben Deine Eltern Dir Positives mitgegeben?« – Gar nicht so einfach zu beantworten, wie sich schnell herausstellte, denn gerade auch in Suchtfamilien bleibt es nicht aus, dass die Familienverhältnisse gestört sind. So rang der eine oder andere doch mit der Antwort.

Beeindruckend war für mich das Thema „Ordnung“. In Familien mit Suchtproblematik, spielt diese
eine nicht unerhebliche Rolle. Andrea erklärte uns sehr bildhaft, was passiert, wenn diese Ordnung aus den Fugen gerät. Also z.B. das Kind nicht mehr nur das Kind ist, sondern der Partnerersatz oder Fürsorger.
Wir alle sehnen uns nach Zugehörigkeit – vor allem in der Familie. Um dies zu erhalten, wollen wir gefallen – das prägt ein Großteil des Verhaltens des Kindes. Hier übernimmt es oft Rollen, die ihm nicht zukommen. Folge hieraus sind sehr häufig Kränkungen, Verletzungen, Entfremdung.
Wir lernten, dass diese Dissonanzen überwunden werden können. Ein markanter Satz: »So viel Abstand halten, dass man die Achtung behält.«

Ich glaube nach dieser vormittäglichen Runde, waren wir alle froh über die Mittagspause. Das Gehörte erstmal ein bisschen sacken lassen. Doch das hieß natürlich nicht, dass nun die große Stille hereinbrach, im Gegenteil. Ein wertvoller Teil des Zusammentreffens von Freundeskreislern sind immer auch die Gespräche in den Pausen. Dies bei einem leckeren Essen.

Der Nachmittag begann mit dem Beispiel einer Familienaufstellung. Die meisten der Anwesenden sind Kinder von Kriegskindern und haben somit die Auswirkungen des Krieges indirekt zu spüren bekommen. So fand sich wohl jeder in der einen oder anderen Weise in dieser aufgestellten Familie wieder. Andrea Sorg bezog einen jeden mit ein, und eröffnete die Möglichkeit, einen verstehenden Blick auf die Eltern, Großeltern, Ahnen zu werfen. Dafür, Verständnis füreinander aufzubringen, birgt dieses doch immer auch die Chance aufeinander zuzugehen und auch zu vergeben.

Unsere Begleiterin am heutigen Tag, Andrea, macht uns Mut, mit dem Satz: »Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben.« - Wenn wir beginnen, unsere Vergangenheit als eine Quelle der Kraft und nicht nur als Ursprung allen Übels zu begreifen, kommt manches Festgefahrene neu in Bewegung. Und wo unsere Seelen und Herzen verschlossen sind, können – und dürfen - wir sie wieder öffnen. Sie lädt ein, Sichtweisen neu zu überdenken…

In der Abschlussrunde wird dann klar, wieviel sich wirklich bewegt hat.

16:00 Uhr. Für heute waren wir fertig – im doppelten Wortsinn – aber nicht am Ende. Wir haben gelernt, es ist immer ein Prozess, der angestoßen wird und sich meist erst richtig entfaltet, wenn wir wieder zuhause sind.
Andrea meinte, so ein Arbeitstag nährt unsere Basis. Wenn diese total ausgetrocknet ist und wir einen Eimer Wasser darüber gießen, wird das meiste Wasser ungenutzt abfließen. Wenn der Boden aber feucht ist (weil wir immer wieder mal Wasser darauf schütten), dann kann das Wasser versickern und nähren. So verstehe auch ich die angebotenen Arbeitstage (und Seminare) des Landesverband der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe und bin dankbar, dass es sie gibt.

Dankbar auch für diesen wertvollen Tag, der – so mein Eindruck – bei jedem von uns, das Bild auf die Eltern (und Großeltern) ver-rückt oder vielleicht sogar, verbessert hat.

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