vom lesen und schreiben und leben ....

18.03.2016. Die Gemeinde Selsingen hatte mir / uns ja freundlicherweise die Räumlichkeiten für 'lau' zur Verfügung gestellt, da die Mutter meiner Sandkastenfreundin sich sehr viel ehrenamtlich in der Gemeinde engagiert. Übrigens ein tolles Gemeindehaus mit norddeutschem 'Flair'.
 
Damit auch so ein wenig 'Camino-Stimmung' aufkommt, hatte ich Fotos mitgebracht, die ich aufgehängt habe. Und natürlich auch ein paar Dinge zum 'anfassen' (meine etwas zerfledderten Pilgerführer, eine Jakobsmuschel, Pilgerpässe und natürlich Bücher). Meine Digicam habe ich leider vergessen und daher leider keine Fotos gemacht.
 
Nicht wegen zu wenig Interesse, aber ob der kurzfristigen Ankündigung war ich nicht sicher, ob überhaupt jemand zur Lesung kommen würde. Letztlich waren dann fast 20 Zuhörer gekommen. Unter ihnen eine ehemalige Nachbarin aus der Kanalstraße, die mich als Kleinkind hin und wieder betreut hat. Sie hatte dann auch eine interessante Anmerkung aus der Zeit zu erzählen. In meinem Buch erwähne ich, dass ich eher ein Einzelgänger bin und mit allzugroßer Nähe nicht wirklich umgehen kann (vielleicht neigen Schriftsteller einfach dazu etwas eigenbrötlerisch zu sein :-) ). Sie meinte, dass ich schon als Baby so war und grundsätzlich lieber friedlich alleine in meiner Karre saß, als bei jemandem auf dem Arm ...
 
Am Anfang lese ich immer erstmal ein wenig vor, damit alle 'ankommen' können. Zum Einen im Raum und auf dem Weg. Nach dem ersten Erstaunen über meine Offenheit mit der ich über meine Reise, meine Gedanken, mich und mein Leben berichte, kommen dann auch die Fragen. Eine der ersten ist immer: Hattest Du keine Angst so alleine? Meine Antwort: Nein, ich habe mir darüber einfach keine Gedanken gemacht ... Meist folgen dann Fragen zu Übernachtung, Wetter, Kleidung oder den spezifischen Kapiteln, die ich vorlese usw.
 
Diesmal kamen aber auch Fragen zu meiner Suchterkrankung, was mich immer besonders freut. Das Thema 'Alkoholismus' (oder auch allgemein Sucht) ist immer noch mit einem großen Tabu behaftet und ich finde es wichtig es aus der 'Schmuddelecke' zu holen. Denn allermeistens sind es Menschen wie jeder andere auch - aber eben krank. Fragen waren z.B.: wie gerät man in die Sucht? Warum kann man nicht einfach aufhören? Was sind die Auswirkungen? Und die Frage: wie schafft man es aus der Sucht heraus? Aus meiner langen Erfahrung in der Suchkrankenhilfe weiß ich, dass jeder immer einen kennt, der ein Suchtproblem hat. Und somit im näheren oder weiteren Sinn betroffen ist. Und je offener ich bin, umso offener erzählen mir die Menschen von sich. So auch diesmal. Meist kommen sie nach der Lesung und wir sprechen eine Weile. Das sind für mich besondere Momente. Ich spüre, dass ich mit meiner Geschichte die Menschen berühren kann - das bewegt immer etwas.
 
Ganz generell sollte eine Lesung ja nicht unbedingt länger als eine Stunde gehen, aber bei mir klappt das nie. Ich erzähle gerne und die Zuhörer waren so interessiert - auch mit Fragen - dass es letztlich fast 2 Stunden wurden. Ich hatte das Gefühl, ich hätte nochmal eine Stunde lesen und erzählen können ...
 

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