Sonntag ...



Fundstück: Einen Tag unsterblich

„Einen Tag ungestört in Muße zu verleben, heißt einen Tag ein Unsterblicher zu sein.“ Ich habe selten ein so sinnvolles Plädoyer für den Sonntag gelesen, wie diese chinesische Weisheit. Weil sie aber beim ersten Hören fremd klingen mag, gerne nochmal: „Einen Tag ungestört in Muße zu verleben, heißt einen Tag ein Unsterblicher zu sein.“ Es lohnt sich den Einzelteilen dieses Satzes nachzuspüren. Zunächst dem „ungestört“. Also sich einen Tag durch Nichts und Niemanden stören lassen. Keine Besuche machen, keinen Besuch bekommen, kein Handy, kein Smartphone, kein PC. Und was heißt Muße? Muße heißt zweckfrei bei mir sein und bei mir bleiben. Nur das tun, was mir gut tut: Spazieren gehen, Lesen, Musik hören, im Haus oder im Garten werkeln. Aber nichts erledigen, nichts machen müssen, sondern nur wollen, sich treiben lassen bis hin zum wohligen Nichtstun, sich körperlich und seelisch hängen lassen. Das ist ganz schön schwer, ich weiß das sehr wohl, weil ich auch gern aktiv bin, weil ich es gewohnt bin, aktiv zu sein und weil ich dabei merke, dass ich lebe. Und genau bei diesem Gedanken habe ich mich gefragt, ob ein Teil meiner Betriebsamkeit nicht auch aus Angst vor dem Tod kommt. Weil aktiv sein doch Leben heißt und passiv sein irgendwie leblos ist, ja  tot. Aber diese chinesische Weisheit behauptet doch dass ich unsterblich bin wenn ich nichts tue, dass ich ewig lebe, wenn ich nichts zielgerichtet tue und es mir gut gehen lasse.
Ich glaube diese Lebensweisheit hat Recht! Denn wenn ich aus aller Betriebsamkeit der Welt heraustrete, trete ich ein in meine Zeitlosigkeit. Wo es kein Gestern und kein Morgen gibt, sondern nur das Jetzt. In dem ich an mein wahres Sein rühre, mein Innerstes, meine Seele berühre. Die – wie ich glaube  - unsterblich ist. Und so kann ich, wenn ich in Muße bin, tatsächlich ein paar selige Momente lang eintauchen in die Unsterblichkeit.

Pause



Manchmal solltest Du einfach Deine Augen schließen, Dein Herz öffnen und auf Deine innere Stimme hören. Dann weißt Du ganz genau, was zu tun ist.
Die wunderschönsten Momente und Dinge kannst Du weder kaufen, sehen, noch anfassen, sondern nur im Herzen spüren.
Manchmal sollte man weder mit noch  gegen den Strom schwimmen, sondern einfach mal aus dem Fluss klettern, sich ans Ufer setzen und ein Pause machen. (C. Schyboll)


Aufbruch ...



"Die Nacht hat sich ausgeweint und einem blauen Himmel Platz gemacht, das ist ein Tag, der nach Aufbruch riecht.“ Für mich ist dieser Text von Brigitte Hildebrand ein Hoffnungstext. Wir können ihn wörtlichen nehmen: Wer kennt ihn nicht, den blauen Himmel nach einer durchregneten Nacht, blankgeputzt mit einem Blau, das einen geradezu in die Ferne zieht?
Aber der blaue Himmel kann auch für ein neues Leben stehen, und zwar für den Moment, an dem die Lebenskraft, der Lebenswille wieder erwacht. Nach langer Zeit zahllosen Tränen oder bleierner Schwere, nach einer Zeit der scheinbaren Starre und Hoffnungslosigkeit. Plötzlich, unberechenbar und nicht zu erzwingen ist er da, der neue Tag, der wieder nach Leben schmeckt. Er kann kommen mit einem Blick, in einem Augenblick. Er kann kommen mit einem Geruch, nach Gras, Wasser oder Feuer. Und der neue Tag, der Tag, der nach Aufbruch riecht, kann kommen, in einem Menschen. In einem Menschen, der ganz unverhofft in mein Leben tritt, der mich fordert, der mich hereinfordert ins Leben oder ganz einfach braucht.
Und schließlich ist der Text ein Hoffnungstext für das Leben nachdem ein langer  Kampf gekämpft ist und die schön-schweren Fesseln gelöst; wir uns auf die Reise machen in eine bessere Zeit. Dann können wir sagen: 
          
                 

Ich stehe nicht mehr zur Verfügung ...




Ich stehe nicht mehr zur Verfügung! – ich stutze, als ich diesen Satz lese. Bin gerade dabei in meinem Lieblingsonlineshop – natürlich ein Buchladen – zu stöbern, als ich über diesen Titel stolpere.
Ich habe es mir vor langer Zeit schon angewöhnt, nicht gleich die Buchbeschreibung zu lesen, sondern erst einmal den Titel auf mich wirken zu lassen. Und dieser wirkt besonders intensiv. Ich stehe nicht mehr zur Verfügung!

Die Worte zergehen mir auf der Zunge, schmecken ein wenig nach Rebellion. Im ersten Moment verbinde ich sie damit, dass ich etwas bewusst ablehne, keine Zeit habe oder auch dass ich nicht da bin. Also körperlich abwesend. Nicht da zum Beispiel um eine Arbeit zu erledigen, die mir jemand angetragen hat. Es bedeutet das ich nicht das Tue was jemand anderer gerne möchte, dass ich es tue.

Doch mein Gedanke geht schnell weiter: Wie ist das, wenn ich auch mit meinen Gedanken und Gefühlen nicht mehr zur Verfügung stehe?
Nur noch für mich sein,  immer erst ich, nicht mehr der Versuchung erliegen, sich dem „das tut man“ zu unterwerfen. Nicht mehr den Erwartungen entsprechen, die andere an mich haben, nicht deren Glaubenssätze übernehmen. Echt sein, ich sein. Den Fokus erstmal auf das richten, was ich will, was mir gut tut!
Die Wahrnehmung verändern – vom außen zum innen, vom Dir zu mir, vom Denken zum Fühlen – und zurück!

Doch dann ertappe ich mich wieder dabei, wie ich meine guten Gefühle für ein Ärgernis opfere, dass gar nicht meines ist ... wie ich in einer Beziehung gegen meine Überzeugung nachgebe ... wie ich meine Gedanken von Dingen vereinnahmen lasse, die nicht aus meiner Welt stammen ... wie ich mir meine gute Laune verderben lasse, weil ich die schlechte von jemand anderem übernehme.
Da kann ich mich dann nicht wiedererkennen und frage mich: Was passiert da, wenn ich plötzlich auf eine Art und Weise reagiere, die so gar nicht in mein eigenes Überzeugungsschema passt. Welche Prozesse laufen da ab, was veranlasst mich Dinge zu tun, die ich nicht tun will?

Jeder von uns kennt doch diese Fragen, die gestellt werden und die Antwort schon beinhalten. Meine Ex-Schwiegermutter konnte das gut „Du bist doch dann zum Essen da?“ - Ein Nein scheint hier fast unmöglich und ich werde in eine Situation hinein gezogen in der ich fühle und handle, als wäre ich fremdbestimmt. Wenn ich nachgebe, stehe ich zur Verfügung und das nicht nur körperlich anwesend, nein auch mit meinen Gefühlen und Gedanken.

Ein anderes Beispiel: „Du findest das doch auch schlimm, oder?“ Man nickt auch wenn es nicht unbedingt stimmt. Was passiert mit mir, wenn ich die Gefühle eines anderen fühle, plötzlich als Stellvertreter fungiere und dabei gar nicht richtig ich selber sein kann.

Andererseits ist es doch auch irgendwie praktisch, wenn da jemand für mich eine Entscheidung trifft, was in einer Situation zu tun ist. Wie ich denken kann und fühlen. Wie oft ist das eine Ausflucht vor der Angst Mut zum Eigenen zu haben. Da muss ich lernen nein zu sagen, nicht zur Verfügung zu stehen, damit ich nicht die zu leichten Fluchtwege vor mir selber nehme. Stattdessen leben und Erfahrungen suchen, die aus mir kommen und die Körper Seele und Geist fordern und anregen. Nur mein Leben hält mich lebendig. Anstrengungen, Herausforderungen kosten Kraft, sie geben aber auch viel neue.
Für mich bedeutet das, der erste Schritt, mit mir auszukommen, ist der, dass ich durchschaue, wie ich mir selbst ausweiche. Und dann sagen: Ich stehe nicht mehr zur Verfügung! Dann bin ich wieder Chef im eigenen Kopf, im eigenen Herz. Und ich bin es ganz alleine, die die Verantwortung dafür trägt, was ich beeinflussen kann, was ich tue, wie ich fühle. Man muss eben manchmal aus sich herausgehen, um wieder zu sich selber zu kommen.

Am Ende meiner Überlegungen frage ich mich natürlich doch noch, wofür der Autor wohl nicht mehr zur Verfügung steht ... und stelle fest es ist im Prinzip genau das was er sagen will. Mit diesen wenigen klaren Worten: „Ich stehe nicht mehr zur Verfügung – nicht mit meiner Kraft, nicht mit meinem Verstand und vor allem nicht mit meinem Gefühl“. Ein Satz, der angewandt ermöglicht, wieder selber Verantwortung zu übernehmen und Macht über das eigene Leben zu bekommen. Respekt an den Autor! - Schade nur, dass er das Buch vor mir geschrieben hat... ;-)  ©wiebkebeyer