Heute las ich vom Tod eines Freundes. Nein, kein besonders enger
Freund von mir persönlich, aber ein Mensch mit dem mich durchaus das eine oder
andere verbindet. Ich habe ihn auch schon eine Weile nicht gesehen und weiß
nicht mal, ob der Tod überraschend kam oder nicht.
In Erinnerung habe ich ihn eher als jemand, der laut einen
Raum betritt, Platz einnimmt. Doch durfte ich auch mal die ‚leise‘ Seite
kennenlernen. Ein Mensch, der mich zum Lachen bringen konnte – und zum
Kopfschütteln. Und sehr gerne denke ich an die Fahrt nach Lyon ….
Wenn jemand aus meiner Generation stirbt, bringt es mich
dazu über den Tod nachzudenken. Wobei mir dieser keine Angst einjagt, dafür
habe ich ihm schon so nah in die Augen geschaut. Aber was ich weiß, ist, dass
der Tod irgendwann mein Leben beenden wird. Wann und wie das geschieht: Keine
Ahnung. Vielleicht kündigt er sich an, sodass ich mich in aller Ruhe auf ihn
vorbereiten kann. Vielleicht wird aber auch genau das Gegenteil der Fall sein
und ich werde nichtsahnend von ihm überrascht.
Egal wann und wie er kommt, hoffe ich einfach, dass es nicht „zu früh“
ist. „Zu früh“ kommt er dann, wenn ich noch nicht fertig bin mit mir und meinem
Leben. Wenn ich das Gefühl habe, mir selbst und meiner Aufgabe in der Welt noch
nicht gerecht worden zu sein. Ganz egal, ob ich nun 35 oder 85 bin. So wünsche
ich mir, dass wenn es soweit ist, ich nicht mit mir und der Art und Weise
hadere, wie ich mein Leben gelebt habe. Ich will nicht feststellen: Ich habe
meine Zeit mit unnützen Dingen verschwendet. Ich habe mich bei meiner
Lebensgestaltung zu sehr an den Vorstellungen anderer Leute ausgerichtet und
deshalb an mir selbst vorbeigelebt. In
unserer hektischen und lauten Welt ist es schwierig, sich selbst zu erkennen.
Mir ist klar, dass das ein Ideal ist. Aber ich treffe immer wieder Menschen,
die es schaffen, sich ihm anzunähern. Und das macht mir Mut, es selbst auch zu tun.
… und ich wünsche diesem Menschen, der jetzt gestorben ist,
dass er ‚fertig‘ war und in Frieden auf sein Leben schaut.
Goethe meinte zum Thema Tod: »Mich lässt der Gedanke an den
Tod in völliger Ruhe, denn ich habe die feste Überzeugung, dass unser Geist ein
Wesen ist von ganz unzerstörbarer Natur: es ist ein fortwirkendes von Ewigkeit
zu Ewigkeit. Es ist der Sonne ähnlich, die bloß unseren irdischen Augen
unterzugehen scheint, die aber eigentlich nie untergeht, sondern unaufhörlich
fortleuchtet.«
Ich persönlich glaube an das hier und jetzt. Und daran, dass
es wichtig ist, jeden Moment zu leben. Und immer wieder für mich zu
reflektieren: bin ich noch auf einem guten Weg? Ich denke, nur dann, wenn ich
mich mit dem Sterben und dem Tod auseinandersetze und es zu meinem Leben
gehörend annehme, bin ich wirklich in der Gegenwart, wirklich im Leben.
Nein, ich möchte nicht bedrücken mit diesen Gedanken - im
Gegenteil. Ich möchte Mut machen. Mut
machen, sich bewusst zu werden, was einem wichtig ist, was gibt es in meinem
Leben Besonderes? Was ist die Essenz? Ich möchte Mut machen. Und zwar nicht mit
dem Gedanken an den Tod, sondern mit dem Gedanken an das, was Du aus Deinem
Leben machst! Hier, jetzt und heute ...
Ich halte für einen Moment inne, bin still. Denke an diesen
Menschen, den ich kannte, denke an seinen Tod. Ich denke an seine Familie. An
die Menschen, die zurückbleiben. Die trauern und mit ihrer Trauer fertig werden
müssen. Zu schnell sind wir doch immer wieder mitten im Leben und gehen weiter.
Der Tote bleibt tot. Aber ich, die ich weiterlebe, habe zumindest
für einen Augenblick das Leben angehalten. Habe nichts gemacht, nichts gesagt,
war still. Für einen Augenblick, biete ich dem Tod die Stirn. Dastehen und
schweigen heißt ja auch, Du bist bei uns, in Gedanken, in Erinnerungen. Und das
macht ihn irgendwie wieder ein bisschen lebendig. Lässt ihn in diesem
Augenblick zurück in unser Leben hinein. Sicher, ich weiß: Der Tod ist
endgültig. Niemand kommt zurück. Aber wenn ich mich erinnere, dann schlage ich
dem Tod ein Schnippchen. Denn dann hole ich den Toten für einen Moment wieder
ins Leben. Und das heißt dann auch: Für das Leben aufstehen. Dafür einstehen,
dass der Tod nicht das letzte Wort hat…
Rest in peace, Olaf!
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