Wohin die Reise auch geht, hängt nicht davon ab, woher der Wind weht, sondern wie man die Segel setzt.
Die Sucherin ...
Vor kurzem
unterhielt ich mich mit jemandem über die verschiedenen Auffassungen der
Menschen zum Thema ‚Leben nach dem Tod’. Nun, ich finde es bleibt einem jedem
überlassen, was oder wie er / sie darüber denkt.
Johann Wolfgang
von Goethe meinte: Mich lässt der Gedanke an den Tod in völliger Ruhe, denn ich
habe die feste Überzeugung, dass unser Geist ein Wesen ist von ganz
unzerstörbarer Natur: es ist ein fortwirkendes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Es ist
der Sonne ähnlich, die bloß unseren irdischen Augen unterzugehen scheint, die
aber eigentlich nie untergeht, sondern unaufhörlich fortleuchtet.
Ich persönlich
glaube an das hier und jetzt. Und das bringt mich zu einem Satz, den ich
kürzlich hörte - vielmehr ist es eine Frage. Sie lautet: Was möchtest Du, das
einmal auf Deinem Grabstein steht?
Und, wie viele
von Euch sind jetzt zusammen gezuckt? Das Thema mag provozieren und es scheiden
sich die Geister. Die einen sagen sicherlich: was für ein unangenehmes Thema.
Viele Menschen tun sich schwer, sich mit dem Thema Tod auseinander zu setzen.
Doch ich fand
diese Frage berechtigt, denn sie bringt mich dazu, über das Leben - besser mein Leben - nachzudenken. Es geht
hier darum, mir bewusst zu machen, was ist mir wichtig. Was gibt es Spezielles
in meinem Leben, das nur mich betrifft. Wie ist meine Lebenseinstellung? Was
ist meine Philosophie, mein Motto nach dem ich handle? Kann ich das in einem
Satz zusammenfassen?
Kirk Douglas
sagte einmal, er möchte dass „Verdammt noch mal, ich habe es wirklich
versucht!“ eingraviert wird.
Als neugieriger
Mensch habe ich ein wenig recherchiert, u.a. im Internet. Dabei bin ich auf
sehr kuriose Seiten gestoßen – wie ihr Euch sicher vorstellen könnt. Aber auch
auf ernsthafte Diskussionen zum Thema.
In einem Forum diskutierte man darüber, was man sich als Inschrift
wünsche. Und hier fand ich einiges witzige, kurioses, sarkastisches und nachdenkliches.
Hier ein paar Beispiele; da war z.B.
- ein einfachen Hallo!
- ... und immer
sind irgendwo Spuren Deines Lebens...
- Ich hoffe
immer noch, dass ich die Welt ein wenig besser verlasse, als ich sie
vorgefunden habe.
- er hat sich
bemüht
- da hab ich
ein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt – und jetzt das!
- er
hinterlässt Fragen
- ich bereue
nichts
- Der Tag wird
kommen, da werdet ihr mich beneiden!
- Ein ewig
Rätsel will ich bleiben, mir und anderen.
oder
- Ich möchte
mich bedanken, bei all denen die mein Leben angenehm gemacht haben. Vielen Dank
und auf Wiedersehen, wo auch immer.
und ein letztes
- hat geliebt...
Natürlich habe
ich auch darüber nachgedacht, was ich denn gerne auf meinem hätte. Ich habe
übrigens sehr genau festgelegt, was mit mir geschehen soll, wenn ich sterbe.
Ich finde es wichtig, dies nicht in die Ecke ‚ist ja noch nicht soweit’ zu
schieben. Vielleicht, weil ich selbst schon mit eineinhalb Beinen auf der
anderen Seite stand …
Vor ein paar
Jahren war ich auf einem Seminar der Freundeskreisler. Es ging um das Thema Tod
und Sterben, mit dem zunächst viel Unbehagen verbunden war. Doch im Laufe des
Seminars änderte sich dies. Nicht nur mir wurden die Augen geöffnet. Nur dann,
wenn ich mich mit dem Sterben und dem
Tod auseinandersetze und es zu meinem Leben gehörend annehme, bin ich wirklich
in der Gegenwart, wirklich im Leben.
Ich persönlich
möchte verbrannt und meine Reste sollen an irgendeinem idyllischen Ort
verstreut werden. Wenn dann jemand zum Trauern kommt, ist die Umgebung viel
hübscher ... außerdem will ich – als gerne Alleingänger - keine Nachbarn...
Doch sollte mir
einer ein Gedenkstein setzen wollen – und sei es nur virtuell – so hätte ich
gerne, das darauf steht: „Eine Sucherin bis zum Schluss.“
Noch mal, ich
möchte nicht bedrücken mit diesen Gedanken - im Gegenteil.
Ich möchte Mut
machen. Mut machen, sich bewusst zu
werden, was einem wichtig ist, was gibt es in meinem Leben Besonderes? Was ist
die Essenz?
Ich möchte Mut
machen darüber nachzudenken, was Du gerne als Inschrift hättest. Und zwar nicht
mit dem Gedanken an den Tod, sondern mit dem Gedanken an das, was Du aus Deinem
Leben machst! Hier, jetzt und heute ...
Sehnsucht ...
„Sehnsucht.“ Was für ein seltsam zusammengesetztes Wort:
„Sehnen und Sucht“. Ich sehne mich nach Geborgenheit, Liebe, Glück. Und dann
die Sucht. Man versteht darunter eine krankhafte Abhängigkeit. Wie passt das
zusammen? Laut Duden ist die Herkunft des Wortes Sucht undurchsichtig. Unser
Sprachempfinden verknüpft damit eher das Wort „suchen“. Suchen, sich sehnen –
das passt zueinander. Und diese „Sehn-Sucht“ hält uns unruhig und lebendig, ein
Leben lang. Warum lässt uns die Sehnsucht nicht los? – Weil die Sehnsucht nach
Leben und Glück maßlos ist, weil sie sich nicht zufrieden gibt. Ich stelle mir
vor: Ich habe alles Erdenkliche im Leben erreicht. Alle Visionen haben sich
erfüllt, alle Ideen konnte ich verwirklichen, alle Ziele erreichen – zumindest
die, die ich mir im Moment vorstellen kann. Und was geschieht? Ich bin sicher,
es wird nicht lange dauern und ich würde weiter suchen…
V(Erklärung) ...
You are never given a dream without also being given the
power to make it true. You may have to work for it, however. (Richard Bach)
Heute ist es auf den Tag genau 5 Jahre her, dass ich in
Santiago in Spanien angekommen bin (okay eigentlich war das gestern, aber da
war Clydes Geburtstag wichtiger). Jedenfalls scheint es eine Ewigkeit her und
doch irgendwie als war es erst gestern. Der Weg ist in mir lebendig – in ganz
verschiedener Form. Als Erinnerung an das Erlebte und als Vorfreude auf das
nächste Mal. Als die Erfahrungen, die ich machen durfte und als die
Herausforderung die vor mir liegen. Als Bild und Text, als Gespräch und
Versprechen.
Es ist viel passiert in dieser Zeit. Um mich herum und mit
mir. Und Vieles ist noch offen und unabgeschlossen, was auf dem Weg begann –
und sei es nur als Gedanke oder Gefühl.
Mir wird bewusst, es gab nur wenige Tage in dieser Zeit, an
denen ich nicht an meine Pilgerreise dachte. War es entweder weil ich eine Post
für meine FB-Seite geschrieben habe, oder weil ich gerade dabei bin, die
englische Version des Buches fertigzustellen oder weil ich mal wieder ein
Gefühl nach „Weg oder weg“ hatte. War es weil ich ein wenig in den
‚Jakobsweg-Gruppen‘ gestöbert habe oder weil mein Bildschirmschoner einsetzte,
der mit der Fotodatei ‚Jakobsweg“ verknüpft ist. Manchmal fragt mich auch
jemand nach meiner Wanderung (erstaunlich, dass nicht nur ich mich nach so
langer Zeit erinnere) und ein paarmal habe ich Filme gesehen, die entweder
direkt oder indirekt mit Pilger oder dem Jakobsweg oder einfach Unterwegssein
zu tun hatten.
Nein, ich bin kein Mensch der in der Vergangenheit
lebt, aber eine lebendige Erinnerung zu
schätzen weiß. Ich merke, ich lasse mich gerne verführen, von der Sehnsucht,
die diese Dinge mit sich bringen.
Doch dann wiederum, wenn ich so meine Aufschriebe lese (und
natürlich auch die von anderen Pilgern verfassten Berichte und Blogs) und dort von Blasen und Fußweh,
Erkältung und harten schmutzigen Betten, schlechtem Essen und unangenehmen
Zeitgenossen die Rede ist, frage ich mich ernsthaft: sehe ich meine Pilgerreise
im Nachhinein in einem zu guten Licht?
Verkläre ich es, durch die rosa Brille betrachtet?
Irgendwie sind all die Momente verblasst, als ich aufgeben
wollte (die erste Krise hatte ich schon am zweiten Tag und ich war noch nicht
mal über die deutsche Grenze). Die Schmerzen in Beinen und Schultern, aber auch
die seelischen Unebenheiten die eine Pilgerreise mit sich bringt.
Ich glaube manchmal, dass die Erinnerung von uns Menschen
oft ähnlich funktioniert wie eine Diashow: Es bleiben vor allem die schönen
Bilder und alle negativen Erfahrungen verschwinden in der Vergessenheit. Ganz
besonders dann, wenn die Gegenwart vielleicht nicht so rosig ist, steigen in
unserer Erinnerung die wunderbaren Blüten der Vergangenheit hoch.
Habe ich also all die weniger schönen Dinge verdrängt?
Vergessen? - Nein, das nicht. Aber dadurch, dass ich immer wieder weiter
gelaufen bin – bis ans Ziel; dass ich gewachsen bin an den Herausforderungen;
dass ich ein Teil der Gemeinschaft sein durfte und darf, die Begeisterung für
das Pilgern auf- und mitbringen ... dass lässt sie vergessen, die kleinen und
großen Krisen. Oder zumindest erscheinen sie in einem milderen Licht...
Das macht mich misstrauisch. Offenbar kann und sollte ich
meinen Erinnerungen nicht ohne weiteres über den Weg trauen. Anscheinend muss
man jeden Früher-war-alles-besser-Gedanken sehr kritisch unter die Lupe nehmen.
Oder noch besser: Gar nicht so sehr an der ach so schönen Vergangenheit hängen,
sondern viel mehr in der Gegenwart leben.
Am allerbesten wäre allerdings, daran zu denken, dass das,
was ich heute erlebe, die glorreiche Vergangenheit von morgen ist. Denn es ist
doch viel klüger, wenn ich das Schöne jetzt schon sehe und dankbar dafür bin,
als morgen traurig darüber zu sein, dass ich es nicht mehr habe.
Ich bemerke, dass ich viele Dinge anders angehe, anders
sehe. Immer wieder gibt es Situationen im Leben, die denen auf dem Jakobsweg
ähneln und ich kann die „Lösung“ fast direkt übertragen. Ich bin gewachsen. Es
ist eben nicht nur einfach von einem Ort zum anderen gehen. Nicht nur Kilometer
runterreißen und wer ist als erstes da. Es ist ein Meditieren im Laufen. Ein
Erleben mit allen Sinnen. Pilgern wo schon tausende andere pilgerten, seit
Jahrhunderten. Teil von etwas sein, dass viel grösser ist ... Ich jedenfalls
habe noch von keinem Pilger gelesen oder gehört, den der Weg nicht berührte in
der einen oder anderen Weise. .... (okay, es mag Welche geben, die wandern
einfach nur und vergessen dann ...). Doch das ist es wohl auch, was den Pilger
von dem Wanderer unterscheidet.
Für mich steht fest, ich bin noch lange nicht fertig mit
ihm, dem Weg. Ich werde wieder pilgern. Werde die damit verbundenen
Anstrengungen gerne in Kauf nehmen und wieder ein Stück wachsen. Ich weiß auch schon wo ich pilgern möchte und
wie ... nur dass Wann, das steht noch in
den Sternen. Doch da vertraue ich
einfach dem Pilger in mir. Denn so wie meine erste Pilgerreise genau zum
richtigen Zeitpunkt stattfand, werde ich wissen, wann es wieder soweit ist ...
Und bis dahin, bleibt mir ja jeden Tag mein kleines Stück Jakobsweg.
Lehrmeister Hund ...
Frühmorgens. Ich trinke meinen Kaffee. Das Küchenradio krächzt die
Verkehrsnachrichten. Gefühlt quäle ich mich bereits durch den
morgendlichen Berufsverkehr. Auf dem Teppich döst mein Hund. Seufzend
räkelt er sich, knabbert schließlich an meinen Socken. Ich bücke mich -
wie hilfesuchend – zu ihm hinunter, spüre den Atem des Tieres, das
weiche Löwchenfell, den schmalen Kopf, der sich zärtlich in meine Hand
schmiegt. Mein Hund: ein Meister des Augenblicks. Seine Welt ist meine Hand auf seinem Fell und das Anschmiegen des Kopfes. Eine andere hat er gerade nicht.
Beim Gassi gehen wandern meine Gedanken zu dem was an diesem Tag ansteht, die voll gepackte To-Do-Liste. Er hat alle Zeit der Welt. Schnüffelt mal hier, mal dort, hebt das Bein – oder auch nicht. Wichtig ist nur dies eine Stück Weg, jetzt.
Abends, wenn ich ihn vom Hundesitter abhole, fliegt er mir entgegen. Was schert es ihn ob ich eine Stunde weg war oder eine Woche? Er feiert das glückliche Wiedersehen. Freude pur. Radikale Gegenwart.
Lehrmeister Hund …
Beim Gassi gehen wandern meine Gedanken zu dem was an diesem Tag ansteht, die voll gepackte To-Do-Liste. Er hat alle Zeit der Welt. Schnüffelt mal hier, mal dort, hebt das Bein – oder auch nicht. Wichtig ist nur dies eine Stück Weg, jetzt.
Abends, wenn ich ihn vom Hundesitter abhole, fliegt er mir entgegen. Was schert es ihn ob ich eine Stunde weg war oder eine Woche? Er feiert das glückliche Wiedersehen. Freude pur. Radikale Gegenwart.
Lehrmeister Hund …
HAPPY Birthday Clyde!!
Happy Monday ...
… das gilt wohl für eine neue
Woche, wie auch das Leben – und natürlich
den Weg.
Also nehmen wir es halt wie es kommt …
Foto: die „Via Aquitana“ zwischen Carrión de los Condes und Calzadilla de la
Cueza
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