»Es scheint, dass das
Reisen für mich eigentlich die zuträglichste Lebensart ist.« (August Graf von
Platen Hallermund)
... und tschüß! |
Als
ich dann aber loslegen will und mir die Frage stelle, komme ich erstmal ins
Stocken. Sicher, mir fallen ein paar Menschen ein, deren Reiseberichte ich mit
Begeisterung gelesen habe (fiktiv oder real), die mich beeindruckten. Aber
beeinflussten sie mich auch?
Sommer '82 auf Korfu |
»Es
gibt Menschen, die begleiten einen ein Stück des Weges, vergehende gemeinsame
Tage bleiben dauerhaft in Erinnerung. Es gibt jene, mit denen läuft man ein
paar Kilometer, unterhält sich, isst sein Picknick zusammen und trennt sich an
der nächsten Weggabelung auf immer. Es gibt Menschen, die gehen den gleichen
Weg wie man selbst, mal vor mir, mal hinter mir. Und es gibt die Menschen, die
zwar eine andere Route gewählt haben, aber einem immer wieder begegnen. Doch
ganz egal, wer welcher Kategorie angehört, eines habe ich hier auf dem
Jakobsweg gelernt, jeder muss letztlich seinen eigenen Weg gehen, um
herauszufinden, warum er oder sie sich aufmachte, herauszufinden, wer man ist.«
(aus ‚Manchmal muss man einfachweiterlaufen‘ von Wiebke Beyer)
Die
Begegnungen sind immer wertvoll und machen für mich somit ein Teil jeder Reise
aus.
Doch
hat einer dieser Reisenden mich geprägt? Imponiert haben mir viele – jeder auf
seine Art. Wohl am ehesten die, die wie ich, es geschafft haben, auf ihrer
Lebensreise einen guten Weg zu finden.
mein Dad, ca. 1983 |
Ich
bin die jüngste von fünf Kindern und hatte mit Erreichen der Volljährigkeit
wahrscheinlich schon mehr von der Welt gesehen, als die meisten Menschen in
einem ganzen Leben. Egal wohin es meinen Vater auch zog, er hat uns Kinder auf
viele, viele Reisen mitgenommen. Lang, kurz, weit, nah, schnell, langsam, mal
abenteuerlicher, mal weniger. (ausführlicher schreibe ich HIER davon).
Mich
hat diese Art zu leben mit Sicherheit beeinflusst, nicht nur wenn es um das
Reisen geht.
Marokko, 1982 |
Pauschaler
Strandurlaub war nie mein Ding, gleichwohl ich auch das eine oder andere Mal mit
der Touristenmasse am Strand gelegen habe. Doch meist bin ich eher individuell
gereist. Und einige dieser Reisen hatten es ganz schön in sich …
Die Unruhe
ist mal wieder zu Gast
Das Fernweh
verlängert seinen
Besuch
Die Wohnung
ist mal wieder zu klein
Das Auto
mal wieder nicht
schnell genug
Der Zigeuner in mir
Die Welt da draußen
viel zu weit entfernt
Die Menschen um mich
engen mich mal wieder
ein
und aus der Sicherheit
mal wieder nichts
gelernt … (wb)
Geprägt
haben mich zwei meiner eigenen größten Reisen.
Die
eine war der lange Weg aus der Alkoholsucht, dem absoluten nichts mehr haben,
nichts mehr sein - in ein Leben, das wieder wertvoll ist, lebenswert.
Die
zweite war mein Camino. Im Jahr 2011 hatte ich die Möglichkeit, die Strecke von
Trier nach Santiago – gut 2300 km – am Stück zu laufen. Alleine. Und weil es
eben nur so machbar war, bin ich im Februar losgelaufen, was im Nachhinein ein
ganz besonderes Erleben war. Durch verschneite Landschaft langsam nach Süden in
den Frühling pilgern. Drei Monate war ich unterwegs. Durch viele Hochs und
Tiefs, leichten und schweren Herzens. Mit wertvollen Begegnungen und
Erkenntnissen. Vierundzwanzig Stunden am Tag mit sich selbst sein. Die Welt zu
Fuß entdecken, Langsamkeit erfahren. Aushalten können, Stärke in mir entdecken,
von der ich nicht wirklich wusste, dass ich sie habe.
Heute,
vier Jahre nach meiner Pilgerreise, ist in meinem Leben fast nichts mehr, wie
es war. Wobei das eine neue Geschichte ist. Aber die Leistung, die ich erbracht
habe, macht mich immer noch stolz und hat mir die Kraft gegeben, Dinge zu
verändern, die schon lange nicht mehr gut waren. Ich habe den Mut gefunden,
noch mal ganz von vorne anzufangen. Ich habe das Gefühl, ich bin auf die Sonnenseite
der Straße gewechselt. Auch wenn nicht jeder Tag nur gut ist. Doch wenn ich mal
denke, es geht nicht weiter, und ich im Leben in unwegsames Gelände komme, dann
rufe ich mir meine Pilgerreise ins Gedächtnis und sage mir: Manchmal muss man einfach weiterlaufen ...
Wildcamping in Portugal (Sommer '80) |
Abenteuer?
Per Definition ist das ein außergewöhnliches Erlebnis oder ein riskantes
Unternehmen. Nun auf das Reisen trifft wohl beides zu – zumindest wenn ich die
meinen anschaue. Für mich geht Abenteuer mit dem Wort ‚Freiheit‘ Hand in Hand.
Das macht es so reizvoll. Sich selbst und das Leben in sich spüren in einer
Weise, die nie langweilig wird.
Winter in Frankreich, 1981 |
Manchmal
habe ich den Eindruck, ich war mein ganzes bisheriges Leben
irgendwie immer unterwegs. Auf kurzen und langen Strecken, im In- und Ausland; alleine oder auch nicht, zu Fuß mit dem Auto oder Flugzeug oder irgendwie anders. Mal nur wenige Tage, mal Jahre. Unterwegs sein – ein Teil von mir … Noch heute packe ich den Rucksack, ziehe die Wanderschuhe an und laufe vor der Haustür los. Langsam, bedächtig, Schritt für Schritt.
irgendwie immer unterwegs. Auf kurzen und langen Strecken, im In- und Ausland; alleine oder auch nicht, zu Fuß mit dem Auto oder Flugzeug oder irgendwie anders. Mal nur wenige Tage, mal Jahre. Unterwegs sein – ein Teil von mir … Noch heute packe ich den Rucksack, ziehe die Wanderschuhe an und laufe vor der Haustür los. Langsam, bedächtig, Schritt für Schritt.
Ich höre nachts die Lokomotiven pfeifen, sehnsüchtig schreit die Ferne,
und ich drehe mich im Bett herum und denke: "Reisen..."
…
es scheint mir immer, dass Kurt Tucholsky mir mitten ins Herz geschaut hat,
als er diesen Satz schrieb und all meine Sehnsucht hinein packte. … Reisen … Es konnte nie weit genug weg
sein, nie schnell genug fort. Mit jedem Flugzeug, dass ich am Himmel
vorüberfliegen sah, wuchs die Sehnsucht.
Krebse essen, irgendwo im Süden ('81) |
Die
Flucht in die Sucht war wohl meine beschwerlichste Reise.
Irgendwie ging es immer nur darum, davon zu kommen,
raus aus meinem Alltag. Mich nicht mit dem beschäftigen müssen, was vor meiner
Nase oder gar in mir stattfindet. Weg sein. Einer Sehnsucht folgen, die mir
keine Ruhe lässt. Nicht stillstehen wollen …
Spanien, Winter '81 |
Max
Frisch sagt:: »In der Welt zu Hause zu
sein und doch nirgendwo so, dass er es als seine Bleibe für die Ewigkeit
ansieht.«
So
ist letztlich mein eigener, unruhiger Geist der größte Beeinflusser. Und dann eben
doch mein Vater, dessen Blut in meinen Adern fließt. Ich bin dankbar dafür … und
freue mich schon auf das nächste ‚Unterwegs sein‘… Reisen …
PS:
Alle Fotos in diesem Post stammen von Anfang der 80er-Jahren, als wir die Welt - bzw. kleine Teile davon - mit
unserem Wohnmobil ‚Cubitus‘ eroberten …
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