Das ist es!


Wir leben in einem freien, demokratischen Land. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass viele Menschen sich alles andere als frei fühlen.
Doch was ist Freiheit überhaupt. Ich würde es mal laienhaft so ausdrücken: Freiheit ist die Möglichkeit, das zu tun, was man will; aus freiem Willen und ohne Zwang. Und natürlich nur, solange man damit nicht gegen geltende Gesetze verstößt.
Ein theoretisches Beispiel: Du hättest die Freiheit in den nächsten 3 Monaten nach Spanien auszuwandern. Das könntest Du doch tun, oder? Es ist ja nicht verboten. Wenn Du es nicht tust, dann liegt das daran, dass Du es nicht willst. Oder falls Du es sogar willst, dann liegt es nicht an fehlender Freiheit. Es liegt daran, dass es Dir zu unsicher ist, dass Du es Dir nicht zutraust oder dass Du Angst vor der Veränderung hast.

Weitere (theoretische) Beispiele:
Du könntest heute Deinen Job kündigen (falls Du einen hast),
Du hättest die Freiheit, Deine Familie oder Deinen Lebenspartner heute zu verlassen,
Du könntest heute Deinem Chef sagen, dass er ein Riesen-Affe ist,
Du hättest die Möglichkeit, Dich im Job noch mehr zu engagieren,
Du hättest die Freiheit, heute die ersten Schritte zu gehen, um eine neue Partei zu gründen,
Du könntest Dich richtig anstrengen und Dich selbstständig machen,
oder Du könntest eine Demonstration gegen etwas organisieren, das Dir so richtig stinkt.

Ich sage nicht, dass Du diese Dinge tun sollst oder dass diese Vorschläge sinnvoll wären. Aber Du könntest diese Dinge theoretisch tun. Oder anders gesagt: Niemand zwingt Dich, es nicht zu tun. Du kommst dafür nicht ins Gefängnis. Das ist Freiheit!

Na klar, es gibt wahrscheinlich gute Gründe oder so genannte “Sachzwänge”, wenn Du etwas nicht tust, was Du eigentlich gerne tun würdest. Vielleicht denkst Du, es wäre zu riskant. Oder Du wüsstest auch (noch) gar nicht, wie Du es anstellen sollst. Oder es erscheint Dir einfach eine Nummer zu groß. Oder Du tust es nicht, weil es unmoralisch wäre. Oder weil Du es Dir nicht zutraust, weil Du andere nicht enttäuschen willst, weil die Nachbarn reden würden, oder weil Du Angst vor den Konsequenzen hast, wenn Du es doch tun würdest.

Wenn Du Dir diese Gründe mal genauer anschaust, dann merkst Du, dass diese Unfreiheit in erster Linie in Deinem Kopf entsteht. Es ist nicht die Welt da draußen, die Dich unfrei macht. Es sind Deine Gedanken, Ängste, Moralvorstellungen und Unsicherheiten.

Ich darf doch nicht …
Ich kann doch nicht einfach …
Ich muss doch aber …
Ich sollte wirklich …

Solche Gedanken sind die Gitterstäbe des Gefängnisses, in das Du Dich selbst eingesperrt hast.
Du machst das natürlich nicht mit Absicht, Du bist nicht daran schuld, dass es so ist. Diese Gedanken nisten sich einfach automatisch in Deinem Kopf ein. Eltern, Kirche, Schule, die Medien, die Werbung … alle erzählen uns unser Leben lang, dass wir bestimmte Dinge nicht tun dürfen. Oder das man sich so oder so zu verhalten hätte. Oder das bestimmte Dinge böse, nicht richtig, peinlich, uncool oder was auch immer sind. Und irgendwann glauben wir daran, und halten es für die Wahrheit.


Mach doch mal folgendes Experiment: Wenn Du das nächste Mal etwas tun willst, bei dem Du aber glaubst, dass Du es nicht kannst oder darfst, dann stelle Dir die folgenden Fragen:
Ist es eigentlich gesetzlich verboten, das zu tun, was ich gerne tun würde?
Schade ich damit einem anderen Menschen, wenn ich es tue?
Und welchen Schaden nehme ich selbst, wenn ich es nicht tue?
Wie ist das Verhältnis des Schadens beim Anderen und meinem Schaden, wenn ich es nicht tue?
Was wären wahrscheinlich die Konsequenzen, wenn ich es tun würde?
Bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen?

Diese Fragen zielen auf zwei Ideen ab: Es gibt gar nicht so viele Dinge, die Du wirklich nicht tun darfst, weil sie ungesetzlich sind oder weil Du anderen Menschen damit unverhältnismäßig schaden würdest. Die Grenzen unserer Freiheit sind relativ weit gesteckt.
Bei allen anderen Dingen ist es allein Deine Entscheidung, ob Du es tust und die Konsequenzen tragen willst; oder ob Du es sein lässt weil Du den Preis der Entscheidung nicht bezahlen willst. Es ist Deine freie Entscheidung. Hier spielen nur Deine inneren Unfreiheiten eine Rolle, Deine Ängste, Deine persönlichen Moralvorstellungen und Deine Unsicherheiten. Deine Unfreiheit kommt in den meisten Fällen aus Deinem Kopf und nicht von außen.

Noch ein letztes Beispiel: Kurts Chef ist ein respektloser Tyrann und macht Kurt jeden Tag das Leben schwer. Kurt sagt seinem Chef aber nicht, was er von seinem Verhalten hält, sondern schluckt seine Sticheleien jeden Tag. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber wenn Kurt sich nicht wehrt, hat er eine Entscheidung getroffen. Seine Entscheidung lautet: Meine Sicherheit, mein Frieden und mein Einkommen sind mir wichtiger, als meine Würde. Es ist Kurts freie Entscheidung. Vielleicht hat er diese Entscheidung nicht bewusst getroffen. Aber dennoch lebt er diese Entscheidung jeden Tag.

Ich weiß nicht, wie frei oder unfrei Du Dich in Deinem Leben fühlst. Aber wenn Du Dich gerne freier fühlen möchtest, dann mache Dir vielleicht klar, dass Du in den meisten Bereichen Deines Lebens frei bist und freie Entscheidungen getroffen hast, auch wenn Du vielleicht die Konsequenzen dieser Entscheidungen so nicht gewollt hast.
Du sind viel freier, als Du glaubst. Denn in vielen Bereichen, in denen wir uns unfrei fühlen, sind wir es in Wirklichkeit gar nicht. Wir haben nur Angst, sind unsicher, zu bequem oder haben zu wenig Selbstvertrauen.
Und all das sind Dinge, an denen man arbeiten kann.
Und das Resultat ist: Mehr gefühlte Freiheit. Du weißt schon. Mit geradem Rücken durch die Gegend laufen. Sich selbst stolz im Spiegel anschauen. Tief durchatmen. Das ist es!

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