Doch
erstmal hatten wir noch einen ruhigen Sonntag. Mami ging morgens in
die Kirche und ich habe am Laptop gesessen und Bewerbungen
geschrieben.
Ich
dachte ernsthaft darüber nach später noch mal in die Wohnung zu
gehen und irgendwas zu tun, entschied mich dann aber dagegen. Bin
lieber mit meinen Eltern eine Runde in der Gegend rumgefahren,
anschließend essen gegangen und dann mit Mami und Clyde spazieren.
Ruhiger netter Tag.
Den
brauchte ich dann auch, denn am Montagvormittag stand mein erstes
Vorstellungsgespräch an. Dies zwar 'nur' bei einer
Arbeitsvermittlung, aber zum Training bestens geeignet. Da die Firma
in der Stuttgarter Innenstadt liegt, bin ich mit der S-Bahn gefahren.
Die ist hier fast vor der Tür und so müsste ich nicht erst
großartig einen Parkplatz suchen. Ich mag Stuttgart. Trotzdem die
Stadt natürlich auch wächst und moderner wird, so gibt es doch
immer noch viele ältere Gebäude und die Königstraße hat - so
finde ich zumindest - einen ganz besonderen Flair. So eine Mischung
aus kleinbürgerlich schwäbisch und internationaler Großstadt ...
Wieder
zurück in Leinfelden packte ich meine Tasche und den Laptop - und
vergaß auch nicht genug Futter und ein Stofftier und ein extra
Handtuch für Clyde. Dieser wurde dann auf den Rücksitz verfrachtet
und nachdem der KIA noch seinen Durst gelöscht hatte fuhr ich los
auf die A8 in Richtung Karlruhe ... und kam dort ohne Stau an. Daddy
hatte mir ein schönes Bild gemalt, wie ich von der Ausfahrt zum Haus
meines Bruders finde. Prinzipiell wäre das auch recht einfach
gewesen, aber gerade in dem Moment als ich von der Autobahn abbog,
klingelt mein Handy. Eine Dame von einer Personalvermittlung rief an
und wollte mich zu einem Gespräch einladen. Ich sagte ihr, dass ich
gerade im Auto sitze und ob wir später noch mal telefonieren
könnten. Kein Problem ... ich hatte aber jetzt eines, denn ich war
während der halben Minute telefonieren falsch abgebogen. Mist.
Technisch war ich schon immer ein bisschen unterentwickelt und er
Zeit hinterher, also kein Navi, kein Handy mit GPS oder ähnliches.
Konnte mich nur auf meinen Orientierungssinn verlassen - und der
verließ mich nicht, zum Glück. Instinktiv war ich gleich dreimal
richtig abgebogen und fuhr kurze Zeit später wieder auf die
Autobahn, eine Ausfahrt bevor ich raus musste. Diesmal blieb das
Handy still und kurze Zeit später kam ich an.
Luise
nahm Clyde sofort in Beschlag, der allerdings war noch etwas
skeptisch oder besser gesagt schüchtern. Manchmal denke ich das ist
nur ein Trick von ihm, weil dann finden ihn alle noch süßer und
haben Mitleid ... beim Spaziergang durch den nahegelegenen kleinen
Park etwas später ließ er sich aber widerstandslos von Luise an der
Leine führen.
Also
ich laufe gerne über Felder und durch den Wald, bin in der Natur.
Fast überall hat man die Möglichkeit spazieren zu gehen, ist
sozusagen gleich draussen. Aber ich gebe auch zu, dass ich die doch
eher 'engen' Städte in Deutschland auch mag. Für mich haben die
aneinander gereihten Häuser etwas Beschützendes ...
Obwohl
ich ein herrlich großes und sehr bequemes Bett im Gästezimmer
hatte, schlief ich in dieser ersten Nacht nicht so gut. Ich träumte
irgendwelche wirren Dinge, konnte mich aber beim Aufwachen nicht mehr
erinnern. Etwas gerädert stand ich gegen 6 auf, schlich mich leise
ins Bad (das ich im 2. Stock des Hauses nur mit Luise zu teilen
brauchte - die, nach Angaben ihrer Mutter, dieses nur selten und wenn
unbedingt nötig benutzte ... nun, sie ist erst 8, in ein paar Jahren
wird sich das sicher ändern), ging hinunter in die Küche und machte
mir einen Kaffee. Dann Clyde füttern und dann mit ihm nach draußen.
Mein kleiner Feigling hatte aber Angst im Dunkeln und so war der
Spaziergang kurz.
Inzwischen
waren Jens, Sanni und Luise auch aufgestanden und nach einem
gemeinsamen Frühstück gingen die drei ihrem Alltag nach (Arbeit /
Schule). Ich genoss es, das Haus dann für mich zu haben; duschte
ausgiebig, saß eine Weile am Laptop und habe lange mit meiner
Freundin Lina telefoniert. Richtig schön und erholsam.
Ich
hatte Luise versprochen, sie von der Schule abzuholen. Wobei ich als
Person total unwichtig war, im Gegensatz zu Clyde. Den wollte sie
ihren Freundinnen vorführen und natürlich fanden die Mädchen in
alle total niedlich. Auf dem Nachhauseweg durfte jeden ihn dann auch
mal an der Leine führen (Luise teilte es genau ein, nach dem Motto:
jetzt darfst Du ihn mal kurz halten .. und jetzt Du, aber Du musst
die Leine wegen der Straße kurz lassen ... und jetzt Du ...).
Interessant war, das Clyde das Gezerre ganz gelassen hinnahm und sich
von den Mädels auch das 'herumkommandieren' gefallen ließ.Bis Sanni von der Arbeit kam, haben Luise und ich auf dem Sofa gesessen, sie hat mir stolz ihren neuen Laptop vorgeführt und mit Clyde gespielt. Später, als Sanni am Kochen war und Luise mit Ihren Freundinnen auf dem Spielplatz, bin ich nochmal alleine mit dem Hund los. Doch kaum war ich eine viertel Stunde unterwegs rief meine Schwägerin mich an, sie hätte ein paar aufgeregte Mädchen im Wohnzimmer stehen, die den Hund sehen wollten ... Ich sagte ihr wo ich gerade war und die vier kamen mir dann entgegen und wir wiederholten das Spiel vom Mittag.
Zum Abendessen gab es leckeres Hühnerfrikassee und gegen später sind Sanni und Jens zu einem Elternabend - froh einen 'Babysitter' zu haben und zusammen gehen zu können. Luise bleibt zwar inzwischen auch mal alleine zuhause, aber eher ungern. Wir haben ein bisschen ferngesehen bis sie ins Bett musste. Dorthin ging ich dann auch bald, nachdem ich mit Clyde auf der Terrasse war, damit er nochmal sein Beinchen heben konnte.
Diese
Nacht schlief ich sehr gut und wachte ausgeruht auf. Den Morgen
verbrachte ich wie am gestrigen Tag. Eigentlich hätte ich ein paar
Bewerbungen schreiben sollen, aber ich war zu faul. Nahm mir aber
vor, mich ab der nächsten Woche intensiver darum zu kümmern. So
surfte ich nur ein bisschen im Internet auf der Suche nach Möbeln
für die neue Wohnung. Typischer Weise war das was mir gefiel auch
das Teuerste ....
Der
Rest des Tages verlief ruhig. Wieder holte ich Luise von der Schule
ab und machte anschließend mit ihr Hausaufgaben. Das heißt, beim
Aufsatz konnte ich helfen, bei den Matheaufgaben hing sie mich ab.
War eben noch nie mein Lieblingsfach ...
Ein
Kurzurlaub hat vor allem eine Eigenschaft - er ist kurz. Und so hieß
es am nächsten Morgen schon Abschied nehmen. Luise war natürlich
supertraurig, dass ich sie heute nicht von der Schule abholen würde,
aber ich versprach aber bald mal wieder zu kommen.
Doch
für den Moment wurde ich einfach zu ungeduldig. Ich wollte anfangen
die Wohnung zu renovieren und bezugsfertig zu machen. Ich freute mich
nämlich auf meine eigenen vier Wände.Durch etwas stockenden Verkehr um Karlsruhe herum, dann aber in freier Fahrt nach Leinfelden zurück. Dort stürzte ich mich gleich in Geschäftigkeit. Das heißt so ganz stimmt das nicht, denn als aller erstes stand ein Friseurbesuch auf dem Programm. Ich brauchte unbedingt ein professionelles Bewerbungsfoto. Zwar hatten Sanni und ich gestern versucht eines zu machen, aber das gelang nur mäßig. Und vor dem Foto stand ein Haarschnitt.
Nachmittags bin ich dann zu Obi und habe den Laden geplündert. Okay nicht ganz, aber ich ließ doch einige Euros dort.
Und
auch am Freitagmorgen konnte ich noch nicht gleich handwerklich
loslegen, denn erstmal hieß es Pflichterfüllung und nix mehr mit
Urlaub. Ein Gang zum Arbeitsamt stand an. Hier hat man mich erstmal
registriert, aber einen Beratungstermin bekam ich erst in vier
Wochen. Nun so lange stehe ich nicht in deren Statistik vermute ich.
Ich glaube eh nicht, das ich Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung
habe, weil ich ja doch 6 Jahre aus dem System bin. Viel wichtiger
wäre mir aber, dass ich - wenn ich erstmal arbeitslos gemeldet bin -
wieder krankenversichert wäre. Ah well, ich werde einfach nicht
krank - war ich in den letzten Jahren auch nicht.
Nachmittags
hatte ich dann einen Termin beim Fotografen. Zum Glück war dieser
sehr nett und hilfsbereit, denn ich fand es etwas anstrengend. Ist ja
auch schon gute 15 Jahre her, dass ich ein Bewerbungsfoto brauchte.
Der Fotograf war ziemlich erstaunt, als ich ihm erzählte, dass man
in den USA kein solches benötigt. Bewerbungen werden so 'anonym' wie
möglich gehalten. Also kein Geburtsdatum, kein Geschlecht, Foto
oder andere persönliche Angaben. Was damit zu tun hat, dass so
keiner einer Firma den Vorwurf der Diskriminierung machen könnte
(nach dem Motto: ihr habt mich nicht zum Interview eingeladen, weil
ich eine Frau bin oder so).
Beim
Einschlafen an diesem Abend, malte ich im Geiste schon fleissig Wände
an ....
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