Neu anfangen zu können ...
ein einziges Mal wenigstens ...
nicht aufzuräumen haben ... weglegen und lassen dürfen,
was nicht fertig wurde ...
einen Abschnitt machen können ... bis auf den Grund ...
ein Meer zwischen gestern und heute bringen ...
ein einziges Mal wenigstens ... ein Neuer sein dürfen ...
das ist's ... was einen hinübertreibt über die Wasser!
dieser große stille Morgenwunsch jedes neuen Tages, jedes
neuen Jahres ...
mit seinem schönen Mutigwerden!
Mit dünnen spinnigen Armen aber greift es herüber
schattenhaft, schadenfroh
und kettet jedes Heute mit hundert kleinen Zetteleien an
Gestern
und saugt sich herzblutgierig an ihm fest und lähmt ihm
gleich das Beste wieder, das es hat:
den frohen Mut, neu anzufangen ... ein einziges Mal neu
anzufangen! (Cäsar Stuart)
Das Handy …Wie machen wir uns doch in
Vielem von diesem kleinen Ding abhängig. Wir speichern Telefonnummern, Notizen,
der Wecker, Erinnerungen an wichtige Termine, Fotos etc. Wie viel Zeit
verbringen wir damit, in dieses kleine Ding zu schauen, daran herumzuspielen.
Schnell mal sehen, ob eine Nachricht gekommen ist. Schnell mal ein Foto
gemacht. Schnell mal einen Termin vereinbaren …
Ich bekenne mich schuldig, auch ich
gehöre durchaus zu den Menschen, die ohne dieses technische kleine Wunderwerk
nicht mehr sein möchten. Und darum möchte ich mich hier auch nicht dort
einreihen, wo darüber hergezogen wird, wie schlimm das ist, dass die Menschen
angeblich nur noch auf den kleinen Bildschirm starren und darüber die Welt um
sich vergessen. Das die Jugend nur noch digital kommuniziert und die Sprache
dadurch verarmt. Mag sein, dass der eine oder andere so ist. Ich nutze es als
Mittel zum Zweck – grad so wie mein Auto. Das ich trotzdem ganz toll finde. Mit
anderen Worten: Ich mag mein Handy!
Und dann das! Tabula rasa!
Tabula rasa bezieht sich ursprünglich
auf eine geglättete Wachstafel und bedeutet: unbeschriebene Tafel. Dies wurde
ganz wörtlich genommen.
Hiermit wurde aber in der Psychologie
auch im übertragenen Sinne die Seele in ihrem ursprünglichen Zustand
bezeichnet; das heißt bevor sie Eindrücke von der Außenwelt empfängt.
Heute wird dieser Ausdruck häufig
dafür benutzt, etwas (in manchmal ‚rabiater‘ Weise) wieder in einen ursprünglichen
Zustand zu versetzten, auszuradieren oder löschen.
Und nicht immer geschieht dies in
voller Absicht. Das beste Beispiel: Handy!
Das meine zickte schon eine Weile ein
bisschen. Als die Handhabung dann aber doch etwas kompliziert wurde – einige
Knöpfe verweigerten schon den Dienst – und zu befürchten war, dass es komplett
den Geist aufgibt, war es an der Zeit etwas zu unternehmen. Nun, da es ein
Geschäftshandy ist, habe ich die IT angerufen und mir wurde ein Ersatz zur
Verfügung gestellt. Natürlich nicht ohne mich vorher zu ermahnen ein Backup zu
machen. - Kein Problem.
Habe dann das neue Handy geholt. An
den Rechner angeschlossen und siehe da – es ist kein Backup vorhanden. Waaaaas?
Argh! Das kann nicht sein! … Doch es kann.
Im ersten Moment überkommt mich ein
Gefühl der totalen Katastrophe. Mir wird abwechselnd heiß und kalt. So eine
Sch… Alles futsch!
Doch nachdem der erste Schock
überwunden ist, kann ich wieder klarer denken. Was ist nun eigentlich verloren?
Telefonnummern … Nun, es liegt wohl
an meiner ‚Generation‘, dass ich der Technik trotz allem nicht hundert Prozent
vertraue und ich mir die wichtigsten Nummern zusätzlich auf ein ganz normales Blatt
Papier geschrieben habe. Also ich brauche sie nur wieder eingeben. Naja und
alle anderen? Waren auf dem Handy, weil sie auf dem Handy waren. Ein-, zweimal
angerufen und dann war der Vorgang erledigt und sie gammelten auf dem
Speicherplatz vor sich hin.
Musik … also erstens waren nur ein
paar wenige Songs auf dem Handy und zweitens haben ich die meisten zuhause auf
dem Computer gespeichert. Könnte ich also wieder draufziehen. Oder – viel
besser – einfach ein paar neue runterladen. Denn wenn ich ehrlich bin, die
waren so oder so nicht mehr so ganz meine Favoriten.
Fotos … bis auf die der letzten zwei
Tage hatte ich kürzlich schon mal alle auf dem PC zur Weiterverarbeitung
gespeichert (und dabei gleich den ganzen unnötigen Schrott entsorgt).
Whatsapp-Chats … naja, was habe ich
Weltbewegendes kommuniziert? Hier mal einen Termin vereinbaren (die ich dann im
Übrigen in meinen ganz altmodischen papiernen Kalender eintrage); ein
‚wie-geht’s?‘ oder einfach der Austausch einer kurzen Information, die Minuten
später eh nicht mehr aktuell ist? Ist das alles so wichtig, dass ich es Wochen,
Monate oder gar Jahre aufbewahren muss? Ganz sicher nicht.
Also was fehlt mir? Nichts. Und
plötzlich werde ich völlig ruhig. Und dann denke ich mir: das ist doch toll! Es
ist die Chance neu anzufangen, ohne die Altlasten von gestern und vorgestern
und letzter Woche und letztem Jahr. Loslassen, was sowieso unwichtig ist. Frei
sein von all dem, was mich unbewusst beschwert, am Boden hält. Datenmüll im
Nirvana des großen schwarzen WWW-Lochs verschwinden lassen.
Frisch und unberührt, wie ein weißes
Blatt Papier, das ich nun ganz nach meinem Gutdünken bemalen kann … Vielleicht
sollte ich öfter mal ein bisschen ‚Tabula rasa‘ machen – nicht nur auf dem
Handy!
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